Erdbeben 2023 in Türkei und Syrien – Erinnerung an Hatay und Antakya. 6. Februar 2023, Erdbeben! Es hatte die Stärke 7,8 Mw mit einer Tiefe von nur 17,8 km. Das Epizentrum lag in Kahramanmaraş. Ortszeit war früh morgens um 04:17:35. Insgesamt waren 10 Städte betroffen. Opferzahlen, über 57.000 Tote. Für mehr Details: Schweres Erdbeben in Türkei und Syrien.
Liebe Leser, ich war vom 15. bis zum 22. Februar 2023, mit einem 14-Köpfigen-Team aus dem Gesundheitswesen vor Ort im Erdbebengebiet, in der Provinz Hatay. Darunter Apotheker, Allgemeinmediziner, Frauenärzte sowie Psychologen, Pfleger, Sanitärer und Krankenschwestern. Ich versuche hier meine Eindrücke in Worte zu fassen – die Bilder sollen mir dabei helfen. Diese sollen mich an die Menschen und heldenhaften Helfern vor Ort erinnern. Es soll mich wachrütteln – immer dann wenn ich vergesse, dass Toleranz, Nächstenliebe, Zusammenhalt, und Hilfsbereitschaft das wichtigste in unserem Leben sind!
Vorbereitungen: Reise in die Erdbebengiete
Die Idee, in die Erdbebengebiete zu reisen entwickelte sich zunächst langsam dann plötzlich schnell, viel zu schnell. Ich hatte nur einen Tag Zeit um mich vorzubereiten. Entsprechend war ich unter Stress. Meine Familie, meine Frau und mein Bruder haben mich dabei unterstützt. Ich habe viele Medikamente aus unserer Apotheke (Goethe Apotheke Moers) für eine Akutversorgung miteingepackt. Des Weiteren einen Schlafsack, Powerbanks, Süßigkeiten von Kunden, Hygieneartikel und etwas Bargeld. Wie bereits erwähnt entwickelte sich alles sehr schnell und meine Familie war zunächst dagegen – da die Erde dort immer noch bebte. Am Dienstag den 14. Februar hatte ich mich noch schnell gegen Hepatisis A/B impfen lassen. Ein Tag danach am Flughafen Düsseldorf gegen Polio, Tollwut, etc. Der Flug ging von Düsseldorf nach Antalya und von dort aus nach Adana. Von Adana aus 3,5 Stunden mit dem Bus weiter nach Hatay. Ankunft im Einsatzgebiet war um 3 Uhr morgens im Zeltlager vor dem neuen Hatay Stadion bei – 10 Grad.
TTK Bergleute aus Zonguldak empfingen uns in Hatay herzlich.
Unser Team wurde in zwei Zelte aufgeteilt. Ich hatte eine Reise von über 18 Stunden hinter mir, aber ich war nicht müde. Ich war sehr aufgeregt und habe mir angehört was die TTK (Türkiye Taskömür kurumu) Bergleute aus Zonguldak so zu erzählen hatten. Diese waren einer der ersten vor Ort und haben versucht viele Verschüttete zu retten. Und die Bergleute waren in ihrer Arbeit vielleicht die erfolgreichsten überhaupt. Die Geschichten die hier erzählt worden sind gingen wirklich unter die Haut. Es ist eine reinste Tragödie. Mütter und Väter die versucht haben ihre Kinder zu schützen und geimeinsam zu fliehen. Laut den Bergleuten gäbe es nur noch wenige im Bett. Viele waren wach, versuchten sich das Leben zu retten und wurden leider im Korridor erwischt. Väter und Mutter haben sich wie ein Schutzschild über ihre Kinder gelegt und sind so gemeinsam verstorben. Eine Mutter, die mit ihren zwei kleinen Töchtern erst einen Tag in die neue Wohnung eingezogen sind und jetzt nicht mehr unter uns verweilen. Kinder die Elternteile verloren haben, ganze Familien, die ausgelöscht wurden. Manch eine Familie hatte 33 Verluste. Es gibt noch viele Geschichten zu erzählen.
Unser Einsatz in Hatay
Am Morgen haben wir dann zwei Zelte zur Verfügung gestellt bekommen. Wir haben sofort angefangen unsere Praxis Avicenna Moers und unsere Goethe Apotheke Moers aufzubauen. Unsere Arbeit hat sich schnell im und außerhalb des Zeltlagers herumgesprochen und somit kamen viele auf uns zu. In dem Zeltlager lebten knapp 3000 Menschen. Wir konnten in der einen Woche über 500 Menschen helfen. Darunter Helfer und die vom Erdbebenbetroffene Bevölkerung. Uns hat die Hilfsorganisation Afed betreeut Afed hat uns in die Stadt und Dörfer gefahren. Es gab im Zeltlager Dixi-Toiletten. Essen gab es 3 mal am Tag. Dsuchen durfte man einmal in der Woche. Wir sind auch im Zeltlager entlang gelaufen um den Menschen vor Ort psychologisch beiszustehen.
Impressionen über unsere Arbeit vor Ort
Einsatz in den Dörfern und Zeltlagern
Nachts: Einsätze in Antayka
Tasgüber wieder im Zeltlager
Es gibt viel zu besprechen aber Niemanden mehr um zu reden.
Es gibt viel zu besprechen aber Niemanden mehr um zu reden. Wir haben versucht den Menchen vor Ort zu helfen. Jede Familie hat mindestens 3 Verluste, manche sogar 33 Tote. Der Blick vieler ist leer. Als die Menschen uns ihre schrecklichen Geschichten erzählen, erzählen sie das ohne Emtionen, kalt. Wir hatten Bargeld mitgebracht aber das Geld ist hier vorübergehend nichts Wert. Keine Supermärkte, keine Restaurants, leere Tankstellen. Die Stadt Antakya wirkt wie eine Geisterstadt nach der Apokalypse. Die Menschen brauchen Menschen um zu reden. Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt. Viele versuchen dennoch irgendwie weiterzumachen. Jedoch leider nicht alle. Eine 70-Jährige Frau hat viele ihrer Familienmitglieder verloren, hatte große offene Wunden mit Taschenbildung. Sie wolle sich nicht mehr behandeln lassen und wollte sterben. Am Dienstag, 21.Februar, wollten wir die die Rückreise antreten. Doch durch ein Nachbeben der Stärke 6,4 wurde noch mehr Infrastruktur zerstört. Nur über Umwege war das Durchkommen zum Flughafen nach Istanbul einen Tag später möglich.
Ich habe mich die ganze Zeit gefragt wie ein Mensch das hier überhaupt durchstehen kann. Seit Tagen schlafen die Menschen in den Erdbebengebieten draußen oder in einem Zelt, bei minus zehn Grad – denn es ist viel zu gefährlich in die Häuser zurückzukehren. Die Menschen versuchen sich aufzuwärmen, immer wieder gab es Unfälle mit heißem Wasser. Viele Kinder haben ihren ganzen Körper verbrannt. Die Einsturzgefahr ist weiterhin hoch. Vor Kälte habe ich in dieser Woche kaum Schlaf gefunden. Doch das alles sind nur Luxus-probleme. Schließlich bin nun zu Hause, schlafen in einem warmen Bett, Dusche wieder und habe wieder die gleichen alltäglichen Problemchen.